Altenglischer Superlativ 1
Im Altenglischen hatte das Superlativsuffix zwei Allomorphe, deren Verteilung morphologisch konditioniert war, nämlich Nr. 1 vs. Nr. 2. Jedes der beiden hatte wieder phonologisch konditionierte Allomorphe, wie die Beispiele zeigen.
Nr. | Positiv | Bedeutung | Superlativ |
Bedeutung |
1 | heard | hart | heardost | härtest |
| eald | alt | ealdest | ältest |
2 | fore | vor | forma | vorderst |
| ūte | aus | ūtem | äußerst |
Allomorph Nr. 2 trat nur in einigen unregelmäßigen Wörtern auf. In diesen geschah auf dem
Wege zum Neuenglischen folgendes:
1. An den Superlativ trat ein zusätzliches Suffix, so dass sie formest und ūtemest lauteten.
2. Ohne dass irgendwelche Lautwandel dafür verantwortlich wären, wurde die Endung geändert, so dass die Formen foremost und utmost lauteten.
(8 P.) Motivieren Sie die beiden Wandel.
Musterlösung
1. Da das Suffix -(e)m(a) nur an wenigen Stämmen auftrat, war es in der Superlativfunktion nicht produktiv. Die Formen forma und ûtem schienen daher einer Superlativmarkierung zu bedürfen und erhielten sie durch dasjenige Allomorph des Superlativmorphems, welches produktiv war, eben -est. Die Bildung des Superlativs wurde dadurch vereinheitlicht (paradigmatischer Ausgleich) [übrigens auch dadurch, dass das Allomorph -ost zugunsten von -est nicht überlebte]. Die Tatsache, daß das Suffix -est an die ehemaligen Superlativformen angefügt wurde, anstatt das Suffix zu ersetzen, zeigt, daß letzteres nicht mehr erkannt wurde.
2. Die neuen Superlativformen waren aber immer noch in transparenter Weise auf ihre Positive bezogen. Sie wurden daher zerlegt in die Wurzel und einen zweiten Bestandteil -mest (Reanalyse). -mest als solches kam allerdings in der Sprache sonst nicht vor. Aufgrund seiner Superlativfunktion konnte es aber mit most semantisch und formal in Zusammenhang gebracht werden, welches ohnehin den analytischen Superlativ (freilich in umgekehrter Stellung) bildete. Daher wurde -mest per Volksetymologie durch -most ersetzt.
1 nach Trask 1996:129