Einer der ersten Schritte bei der Versprachlichung der Nachricht ist ihre Portionierung für die Übermittlung. Kriterien für diese Gliederung sind einerseits des Sprechers eigene kommunikative Intentionen, andererseits auch seine Annahmen über den Bewußtseinsstand des Hörers, also über die derzeitige Verfassung des Redeuniversums. Im einzelnen werden die Inhalte gegliedert nach Kriterien wie
Solche Gesichtspunkte berühren nicht in erster Linie den Inhalt der Nachricht selbst, sondern die Weise ihrer Übermittlung. Einen gegebenen propositionalen Gehalt kann der Sprecher auf verschiedene Weisen kommunikativ “verpacken”. Die Gesamtheit der sprachlichen Funktionen und Mittel in diesem Bereich heißt Informationsstruktur, früher auch ‘kommunikativer Dynamismus’ oder ‘funktionelle Satzperspektive’.1 Im den folgenden Abschnitten werden die genannten drei Unterscheidungen präzisiert.
Die Informationsstruktur ist eine Strukturierung der Satzbedeutung, welche sich in seiner Ausdrucksstruktur niederschlägt. M.a.W., irgendwelche Kenntnisse, die die Gesprächspartner über den kommunikativen oder Bewußtseinsstatus von sprachlichen oder referentiellen Einheiten haben – etwas daß einer von beiden gerade über diesen Referenten gestern einen Witz gemacht hat –, welche nicht in der grammatischen oder phonologischen Struktur des geäußerten Satzes kodiert sind, gehören nicht zur Informationsstruktur im linguistischen Sinne. Die gemeinten Ausdrucksmittel sind typischerweise (aber nicht ausschließlich)
Im Deutschen gibt es Ausdrucksmittel der ersten Kategorie nicht. Die Wortstellung wird zur Informationsstruktur eingesetzt, ist aber, wie wir sehen werden, in dieser Hinsicht nicht eindeutig. Die Satzsyntax wird in der Hochsprache nur in begrenztem Umfang eingesetzt (s. Linksversetzung und Satzspaltung). Folglich bleibt für das Deutsche als wichtigstes Ausdrucksmittel der Informationsstruktur die Prosodie.
Die wichtigsten prosodischen Mittel zur Markierung von Funktionen der Informationsstruktur sind die folgenden:
Daher werden diese drei in den Abschnitten über Informationsstruktur zur Charakterisierung der verschiedenen Muster eingesetzt werden. Methodisch besagt dies, daß ein geschriebener Satz – da ohne prosodische Information – oft in bezug auf seine Informationsstruktur mehrdeutig ist.
B1. | Erna hat ihren Geburtstag vergessen. |
Ohne Kontext und Prosodie ist die Informationsstruktur von B1 nicht feststellbar.
B2. | a. | Und wieso ist nun Erna so mißvergnügt? - __ |
b. | Karin hat ihren Geburtstag vergessen. - Nein, __ | |
c. | Jedes Familienmitglied hat ein Ereignis vergessen. __ |
Die prosodischen Verläufe sind in den jeweils anderen Kontexten unangebracht. Sie können also (im Deutschen) als Kriterium der Unterscheidung der kommunikativen Funktionen dienen.
1 Die Termini ‘funktionelle Satzperspektive’ und ‘kommunikativer Dynamismus’ sind in anglophoner Linguistik kaum rezipiert. Dort ist in diesem Zusammenhang nicht selten von ‘pragmatics’ und ‘pragmatic functions’ die Rede. Aber da liegt einfach Unkenntnis dessen, was Pragmatik (auch sonst in der anglophonenen Linguistik) ist, vor.
Lambrecht, Knud 1994, Information structure and sentence form. Topic, focus and the mental representations of discourse referents. Cambridge: Cambridge University Press.