Lebensdaten

ZeitOrtEreignis
22.06.1767PotsdamgeborenW. v. Humboldt
1769Geburt von Alexander v. Humboldt
1787Frankfurt a.d. OderStudium der Rechtswissenschaft
1788GöttingenStudium der Philosophie, Geschichte, klassischen Sprachen
1790BerlinBeendigung des Studiums; Anstellung im Justizdepartement
1791ErfurtAbschied aus dem Justizdienst als Legationsrat; Heirat mit Caroline von Dacheröden
1794Jena“Studium”. Freundschaft mit F. Schiller
1797Paris“Studium”
1799,
1801
BaskenlandReisen von Paris aus; Studium des Baskischen
1801TegelPrivatgelehrter
1802-1808RomPreußischer Resident am Hl. Stuhl (ab 1806 ohne wirkliche Aufgaben dort)
1809-10BerlinChef der “Sektion des Kultus und des öffentlichen Unterrichts” im Preußischen Innenministerium (Caroline bleibt in Rom)
Begründung des Humanistischen Gymnasiums
Gründung der Berliner Universität (-> Humboldt-Universität)
1810-1815WienPreußischer Gesandter am Wiener Kongreß
1816Frankfurtdiverse diplomatische Aufgaben
1817LondonPreußischer Gesandter
1819BerlinMinister für Ständische Angelegenheiten. Karlsbader Beschlüsse
1819TegelHumboldt zieht sich aus der Politik zurück; Privatgelehrter
08.04.1835  Berlin, Schloß Tegelgestorben

Ausführliche Biographie: Wikipedia

Person und Werk

Die frühen Arbeiten sind der allgemeinen Bedeutung der Antike für die Menschheit gewidmet. Sie sind wesentlich durch Auseinandersetzung mit Friedrich August Wolf und Friedrich Schiller gespeist.

In den Pariser Jahren Auseinandersetzung mit der Aufklärung. Zwei Reisen nach Spanien, ins Baskenland. Dort findet er das Thema seines Lebens.

In Rom arbeitet er die ganze Zeit sein baskisches Material auf. Er verschafft sich alle greifbaren Materialien über die Indianersprachen, vor allem mit Hilfe von Lorenzo Hervás.

Die humanistische Bildung, inkarniert durch ein Leben in Rom, ging ihm über alles.

Seine Gesinnung war liberal, weshalb er sich später auch aus der Politik zurückzog.

Er hatte zwar enge Freunde, vor allem F. Schiller, war aber nicht sehr gesellig. Für den Salon war Caroline zuständig.

Sprachstudium

Humboldt sprach fließend Latein, Französisch, Italienisch, Englisch, beherrschte außerdem das Griechische. Weiter studierte bzw. lernte er, ungefähr in dieser Reihenfolge:

Spanisch, Baskisch, Litauisch, Ungarisch, Tschechisch, Koptisch, Altägyptisch, Arabisch, Chinesisch, Sanskrit, malayo-polynesische Sprachen Burmas, Neuseelands, Tahitis, Madagaskars, Kavi. Ohne Vorbild in der Universalität des Zugangs zu Sprachen.

Sprachtypologie

Die Sprachtypologie hatte – nach einigen erfolglosen Vorläufern – F. Schlegel in seinem Buch Über die Sprache und Weisheit der Indier(1808) en passant, aber nachhaltig begründet. Die Typologie gründete auf der Wortstruktur, war also eine morphologische. Die Typen waren die nachmals so genannten isolierender, agglutinativer und flektierender Sprachtyp. Sein Bruder A. Schlegel unterteilte den letzteren in den synthetischen und analytischen Subtyp. (Näheres zur traditionellen Sprachtypologie anderswo).

Diese Typologie griff Humboldt auf. Er definierte erstens die Typen sorgfältig, zeigte Abgrenzungsprobleme auf, hob sie aus der Morphologie auf die Ebene der Grammatik dadurch, daß er das Zusammenwirken der Wortstruktur mit der Syntax aufwies, und fügte im übrigen den einverleibenden Typ hinzu. Exzerpte und Erläuterungen zu Humboldts Sprachtypologie anderswo.

Humboldts Projekt einer allgemein-vergleichenden Grammatik

Bedeutung und Nachwirkung

Humboldt hat sein großes Projekt einer allgemein-vergleichenden Grammatik auf der Basis einer systematischen Auswertung von Grammatiken vieler verschiedener Sprachen nicht zu Ende führen können. Die Exzerpte bzw. Neuschreibungen von den ihm verfügbaren Grammatiken sind Manuskripte geblieben, die erst im 21. Jahrhundert herausgegeben werden.

Wilhelm von Humboldt hat keine Schule begründet, denn er war erstens gar kein akademischer Lehrer und hat zweitens auch nicht so geschrieben, daß er Neulinge für seine Theorien hätte werben können. Bedeutende Humboldtianer des 19. Jh. waren Heymann Steinthal und Georg von der Gabelentz. Im 20. Jh. sind vor allem Franz N. Finck, Valdimir Skalička und Eugenio Coseriu zu nennen. Eher mittelbare Fortsetzer humboldtschen Gedankenguts sind die ersten US-amerikanischen Ethnolinguisten Franz Boas und Edward Sapir. Auch der Funktionalismus des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jh. tradiert humboldtsches Gedankengut, ohne sich allerdings immer auf ihn zu berufen.

Im übrigen aber geriet Humboldt bereits Ende des 19. Jh. in Vergessenheit. Dies hing auch damit zusammen, daß im Laufe des 19. Jh. die Indogermanistik in der Sprachwissenschaft die Oberhand gewann, die sich für Sprachtheorie und -typologie nicht interessierte. Seitdem werden zentrale Passagen aus Humboldts Werken zwar immer wieder zitiert, und sein Name wird im Zusammenhang mit ‘érgon vs. enérgeia’ rituell angerufen. Sein Gesamtwerk ist aber nur Spezialisten bekannt.

Schriftenverzeichnis

[wesentliche linguistische Werke]

Humboldt, Wilhelm von 1836-39, Über die Kawi-Sprache auf der Insel Java, nebst einer Einführung über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwickelung des Menschengeschlechtes. Hrsg. v. Buschmann. 3 Bde.

Humboldt, Wilhelm von 1972, Schriften zur Sprachphilosophie. (= Bd.III von Werke in fünf Bänden, hrsg. v. A. Flitner & K. Giel). Darmstadt : Wiss. Buchges.

Humboldt, Wilhelm von 1973, Schriften zur Sprache. Hrsg. von M. Böhler. Stuttgart : Reclam (Universal-Bibliothek, 6922-24)

5. Sekundärliteratur

Coseriu, Eugenio 1972, "Über die Sprachtypologie Wilhelm von Humboldts." Hösle, Johannes & Eitel, Wolfgang (eds.), Beiträge zur vergleichenden Literaturgeschichte. Festschrift fur Kurt Wais zum 65. Geburtstag. Tübingen: M. Niemeyer; 107-135.

Coseriu, Eugenio 1979, "Humboldt und die moderne Sprachwissenschaft". Arnol'du Stepanoviču Cikobava (Sbornik, posvjasčennyj 80-letiju so dnja rozdenija). Tbilisi : Mecniereba; 20-29.