Die folgende Diskussion setzt die Begriffe des Redeuniversums und der Referenz voraus.
Determination ist ein Bündel von sprachlichen Operationen, die einen Begriff (in der Sprechsituation) aktualisiert durch Bezug auf eine Menge von unter ihn fallenden Referenten. Insoweit ist der Begriff der Determination also zunächst semantisch definiert. Im prototypischen Falle korrespondiert dieser kommunikativen Operation jedoch eine grammatische Operation (oder eine Kombination von solchen). Der zu aktualisierende Begriff wird nämlich im einfachsten Falle durch ein Nominal wie die in repräsentiert.
. | a. | erfolgreiche Studentin |
b. | schöner Professor | |
c. | Beispiele, denen man die Absicht sofort anmerkt |
Die grammatische Operation besteht dann darin, daß auf diesen Operanden ein Operator angewandt wird, der das Nominal in ein Nominalsyntagma überführt (Näheres anderswo). Ein Nominalsyntagma ist eben ein determinierter – und somit grundsätzlich referenzfähiger (wenn auch deshalb nicht notwendigerweise referierender) – nominaler Ausdruck. Als Operator fungieren Determinantien; das sind im Deutschen Wörtchen wie der definite und indefinite Artikel sowie (“adjektivische”) Pronomina wie die Demonstrativa (dieser, jener ...) und die Indefinita (einige, manche ...). Als Resultat der Operation ergeben sich NSen wie die in .
. | a. | diese erfolgreiche Studentin |
b. | ein schöner Professor | |
c. | solche Beispiele, denen man die Absicht sofort anmerkt |
Die grammatische Struktur dieser Konstruktionen reflektiert den schrittweisen semantischen Aufbau aus einem Begriff und einem Operator, der diesen in einen referenzfähigen Ausdruck verwandelt. Die Referenz selbst hängt immer von der Sprechsituation ab; dazu reicht das Sprachsystem nicht aus.
Semantische Operationen der Determination können freilich auch vollzogen werden, ohne sich in der grammatischen Struktur der betroffenen Ausdrücke niederzuschlagen. Z.B. sind alle Ausdrücke in semantisch definit:
. | a. | diese erfolgreiche Studentin |
b. | sie | |
c. | Erna | |
d. | Königin Elisabeth II. |
Eine bestimmte Determination kann also zur lexikalischen Bedeutung eines Ausdrucks gehören. Und diese lexikalische Eigenschaft kann dann auch das grammatische Verhalten eines solchen Ausdrucks bestimmen. Z.B. fallen alle soeben genannten Beispiele in eine Distributionsklasse, und zwar in eine andere als die Syntagmen von . D.h., sie haben nicht nur eine semantische Gemeinsamkeit – eben ihre Definitheit –, sondern auch eine strukturelle Gemeinsamkeit – eben dasselbe kombinatorische Potential.
Die definite Determination besagt (genauer: präsupponiert), daß im Redeuniversum eine gewisse Menge von Referenten, die unter den determinierten Begriff fallen, existiert und daß sie in ihrer Gesamtheit involviert ist, d.h. daß die eingeführte Menge ausgeschöpft wird.
Die indefinite Determination besagt, daß für den Referenten des so determinierten Ausdrucks mindestens eine der beiden Bedingungen für Definitheit nicht erfüllt ist. D.h. entweder im Redeuniversum befindet sich überhaupt noch nichts, was unter den Begriff fällt; oder dort befindet sich zwar schon eine einschlägige Menge, aber sie wird nicht ausgeschöpft.
Gegeben sei das Textstück von :
. | Ein Mann hatte drei Söhne. Diese waren ehrbar und fleißig. |
Nachdem der erste Satz von geäußert ist, befinden sich u.a. drei Söhne eines Mannes im Redeuniversum. Der folgende Satz beginnt mit dem definiten NS diese. Es nimmt anaphorisch die soeben eingeführten Söhne auf. Durch seine definite Determination weist es darauf hin, daß sich im Redeuniversum eine Menge von Gegenständen befindet, die als Referenten von diese infrage kommen, und besagt zusätzlich, daß diese Menge ausgeschöpft wird. Anders gesagt, die definite Determination weist den Hörer darauf hin, daß er nach Lage der Dinge, d.h. beim derzeitigen Zustand des Redeuniversums, in der Lage ist, den Referenten des so determinierten Ausdrucks eindeutig zu identifizieren.
Etwas anders ist es mit der Variante ':
'. | Ein Mann hatte drei Söhne. Zwei waren ehrbar und fleißig. |
Wieder kann das NS zwei des zweiten Satzes nur als anaphorisch zu Söhne verstanden werden. Von den beiden Bedingungen für Definitheit ist jedoch die zweite nicht erfüllt: es befindet sich zwar eine Menge von Söhnen im Redeuniversum; aber sie wird nicht ausgeschöpft. Daher ist dieses NS indefinit.
Beide Versionen des Märchens beginnen mit ein Mann. Für dieses NS ist bereits die erste Bedingung für Definitheit nicht erfüllt; es befindet sich nämlich noch nichts, was unter den Begriff Mann fiele, im Redeuniversum. Dasselbe gilt für das NS drei Söhne im selben Satz. Die indefinite Determination ist insoweit ein Mittel, Referenten allererst ins Redeuniversum einzuführen. Sie macht den Hörer darauf aufmerksam, daß er nicht erwarten kann, den Referenten des Ausdrucks zu identifizieren, daß er ihn aber als nunmehr im Redeuniversum existent verbuchen und darauf gefaßt sein soll, daß der Sprecher das demnächst voraussetzt.
Die spezifische Determination bildet eine echte Teilmenge der Extension des Ausgangsbegriffs. Deren Umfang wird durch die spezifische Determination selbst nicht festgelegt (das kann anderweitig ausgedrückt oder erschließbar sein). Der Sprecher gibt jedoch zu verstehen, daß er von allen unter den Begriff fallenden Elementen bloß bestimmte im Sinn hat, die er nötigenfalls auch identifizieren könnte. Somit ist noch mit einer komplementären Menge von unter denselben Begriff fallenden Elementen zu rechnen, auf die nicht referiert wird.
Die beiden Sätze in enthalten das gleiche indefinite NS:
. | a. | Herein trat eine schon etwas ältere Studentin. |
b. | Erna ist eine schon etwas ältere Studentin. |
In .a ist eine schon etwas ältere Studentin spezifisch determiniert. D.h. es gibt eine Menge von Elementen, die unter den Begriff ‘schon etwas ältere Studentin’ fallen; aber von denen tritt nur eine Teilmenge herein. In .b wird keine solche Teilmenge gebildet, die dann einen Referenten abgäbe (etwa die schon etwas ältere Studentin, welche Erna ist). Vielmehr wird bloß Erna unter den genannten Begriff subsumiert. Also ist das NS in .a spezifisch, in .b unspezifisch. Tatsächlich referiert das NS von .a, das gleiche NS in .b referiert dagegen nicht.1
. | a. | Ich habe eine Sekretärin, die Englisch kann. |
b. | Ich suche eine Sekretärin, die Englisch kann. |
In .a ist ebenfalls das zweite NS spezifisch determiniert und referiert auf einen bestimmten Gegenstand. Der Satz .b hat dagegen eine Lesung (und zwar die üblichste), wo ich nicht eine spezifische Sekretärin suche, die ich durch diese ihre Fähigkeit identifiziere, sondern wo ich ein beliebiges Exemplar suche, das unter den Begriff ‘Sekretärin, die Englisch kann’ fällt. Auch hier ist das NS unspezifisch.
Die generische Determination besagt das Gegenteil der spezifischen Determination, nämlich daß aus der Extension des determinierten Begriffs keine Teilmenge abgegrenzt und mithin keine Elemente ausgegrenzt werden. Sie wird vor allem verwendet, um dem Begriff, auf dem das NS basiert, Merkmale zuzuschreiben. Die klarsten Fälle liegen vor in Sätzen wie .
. | a. | Der Dodo ist ausgestorben. |
b. | Der Wal ist ein Säugetier. | |
c. | Der Ostfriese als solcher ist ein Gemütsmensch. |
In .a und b wird durch die generische Determination die ganze Gattung erfaßt, und das Prädikat des ersten Satzes trifft auch auf die ganze Gattung, das des zweiten auf alle Exemplare der Gattung zu. In .c wird wohl auf den prototypischen Vertreter der Gattung Bezug genommen.
Generische Determination ist eine Sonderform der unspezifischen Determination. Sie hat mit dieser gemeinsam, daß keine Teilmenge von Gegenständen gebildet wird, auf die referiert wird. Aber die im vorangehenden Abschnitt besprochenen Beispiele von (indefiniter) unspezifischer Determination sind nicht generisch. Wodurch genau Generizität als Unterbegriff von Nicht-Spezifizität abgegrenzt ist, wird hier offengelassen.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß Definitheit und Spezifizität reinlich kreuzklassifizieren. Die vier Determinationskategorien werden durch folgende Beispiele (so wie oben kontextuell eingeführt) illustriert:
definit
spezifisch ╲ | + | - |
---|---|---|
+ | Diese waren ehrbar und fleißig. | Herein trat eine ältere Studentin. |
- | Der Wal ist ein Säugetier. | Ein Regenschirm ist ein nützliches Instrument. |
1. | Redeuniversum |
2. | Artikel im Deutschen und Englischen |
3 | Determinationskategorien |
1 In der Literatur zur Determination wird gelegentlich statt ‘± spezifisch’ ‘± referentiell’ gesagt. Das scheint nicht ganz angemessen, denn die unten aufgeführten generischen NSen sind zwar nicht-spezifisch, referieren jedoch durchaus.
Hawkins, John A. 1978, Definiteness and indefiniteness. A study in reference and grammaticality prediction. London: Croom Helm; Atlantic Highlands, N.J.: Humanities Press (Croom Helm Linguistics Series, 3).
Lyons, Christopher G. 1999, Definiteness. Cambridge: Cambridge University Press (Cambridge Textbooks in Linguistics).
Oomen, Ingelore 1977, Determination bei generischen, definiten und indefiniten Beschreibungen im Deutschen. Tübingen: M. Niemeyer (Linguistische Arbeiten, 53).