Daß Sprache soziale Aktivität ist, hat sehr verschiedene Implikationen, für die diverse Disziplinen zuständig sind, welche an die Soziolinguistik (und natürlich an noch andere Disziplinen) angrenzen:
- Auf der Mikroebene arbeitet die Konversationsanalyse. Hier geht es um soziale Interaktion zwischen den jeweiligen Sprechaktteilnehmern. Die sozial relevanten Handlungen, die sie durch ihre Äußerungen vollziehen, werden in der Pragmatik untersucht. Da Pragmatik ihrerseits eine gewisse Nähe zu Semantik und Logik hat, wird das Verhältnis zwischen Pragmatik und Konversationsanalyse gelegentlich als das Verhältnis zwischen Grundlagendisziplin vs. empirisch-angewandter Forschung dargestellt.
- Auf der Ebene der Varietäten einer Sprache ist die diastratische von der diatopischen Variation zu unterscheiden. Während die erstere genuiner Gegenstand der Soziolinguistik ist, ist die letztere in erster Linie Gegenstand der Dialektologie. Freilich ist die Unterscheidung im Gegenstandsbereich kompliziert, wenn es eine Standardvarietät gibt. Denn dann haben Dialekte und wenig prestigiöse Soziolekte nicht nur ihren Status gemeinsam, sondern sie koinzidieren gelegentlich. Ruhrdeutsch z.B. ist gleichzeitig ein Dialekt und ein Soziolekt.
- Auf der Makroebene werden eine ganze Kultur, das Weltbild und das Selbstbild einer Sprachgemeinschaft in ihrer Sprache gespiegelt. Dies alles ist Gegenstand der Ethnolinguistik, einer Disziplin, die aus der Kreuzung von Sprachwissenschaft und Völkerkunde entsteht. Letztere erschließt die Struktur einer Gesellschaft z.T. aus der Struktur ihrer Sprache. Z.B. manifestiert sich das in einer Gesellschaft geltende Verwandtschaftssystem in der Struktur ihrer Verwandtschaftsterminologie. In diesen Zusammenhang kann man auch die Sapir-Whorf-Hypothese stellen.
Eine Dimension der sprachlichen Variation ist die Diachronie. Ebenso wie jegliche Linguistik kann auch die Soziolinguistik ihren Gegenstand in synchroner oder diachroner Perspektive sehen: was in der Synchronie Variation ist, ist in der Diachronie Wandel. Die Soziolinguistik leistet wichtige Beiträge zur historischen Sprachwissenschaft, indem sie feststellt, wie Innovationen entstehen und sich ausbreiten. Für okzidentale Sprachgemeinschaften galt bis Mitte des 20. Jahrhunderts grosso modo folgende Generalisierung: Männer, Jüngere und untere Schichten sind Promotoren des Sprachwandels; Frauen, Ältere und Oberschichten sind sprachlich konservativ. Das ist, mindestens was Frauen und Oberschichtler betrifft, seitdem differenzierter zu sehen.